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Motivationsschreiben – die dritte Seite

Wo liegt der Unterschied zwischen einem Motivationsschreiben und einem Anschreiben?

Die Begriffe Motivationsschreiben und Bewerbungsanschreiben oder kurz Anschreiben werden sehr oft synonym verwendet. Das ist allerdings nicht ganz richtig und verwirrt viele Bewerber sehr. Noch etwas komplizierter wird es, wenn Sie sich in der Schweiz bewerben, denn dort ist damit i.d.R. dann doch das gleiche Dokument gemeint. Ich beziehe mich in diesem Fall daher bewusst nur auf Deutschland, um Ihnen die Unterschiede so einfach wie möglich zu erklären.
 
Ein gutes Anschreiben für Ihre Bewerbung enthält immer auch Details zu Ihrer Motivation und ist keine Nacherzählung Ihres Werdegangs. Daher gibt es natürlich große Schnittmengen zwischen diesen beiden Textarten und daher verstehe ich die Unsicherheit von Bewerbern. In manchen Stellenanzeigen sind die Begriffe nicht trennscharf, aber wenn nicht explizit beides gefordert ist, können Sie sicher sein, dass man ein reguläres Bewerbungsanschreiben von Ihnen erwartet.
 
Ausdrücklich gefordert werden Motivationsschreiben häufig für Bewerbung an Fach-/Hochschulen, für duale Ausbildungen und Studiengänge oder Stipendienprogramme. In solchen Fällen gibt es meist auch einen Fragenkatalog, der in diesem Schreiben beantwortet werden soll. So sitzen Sie im besten Fall nicht vor einer leeren Seite, sondern können sich an Fragen orientieren und den Text anhand dieser Leitfragen gestalten, z.B. indem Sie die Fragen zu Zwischenüberschriften machen und danach beantworten. Es muss kein langer Aufsatz sein, sondern die Inhalte sind entscheidend.

Was gehört in ein gutes Motivationsschreiben?

Leitfragen werden häufig vorgegeben, aber hier sind ein paar Beispiele, die so oder ähnlich vorkommen können. Die Logik dahinter ist immer die gleiche. Die Gegenseite möchte etwas über Ihre Motive, Einstellungen und persönlichen Eigenschaften erfahren. Darüber hinaus zeigen Sie mit Ihren Antworten, ob Sie sich reflektiert mit Ihrer Entscheidung und Ihrer Berufs- oder Studienwahl auseinandergesetzt haben und sich selbst differenziert einschätzen können. Dabei geht es weniger darum, ob all Ihre Vorsätze und Ideen während dem Studium stabil bleiben, sondern eher darum, dass Sie sich Gedanken gemacht und den Beruf oder Studiengang nicht spontan aus einer Laune heraus ausgewählt haben.

Beispiel-Leitfragen für ein Motivationsschreiben

  • Warum interessieren Sie sich für diesen Beruf / Studiengang / dieses Programm?
  • Welche Vorerfahrungen haben Sie bisher in diesem Bereich gesammelt? Hatten Sie schon Berührungspunkte mit diesem Berufsfeld?
  • Welche persönlichen Eigenschaften zeichnen Sie für dieses Studium / Arbeitsfeld / Programm aus?
  • Warum haben Sie sich für diese bestimmte Firma / Hochschule / Stadt entschieden?
  • Was erwarten Sie von Ihrer Ausbildung / Ihrem Studium / diesem Programm?
  • Wo möchten Sie beruflich hin und wie kann Sie diese Stelle auf dem Weg dorthin unterstützen?

Von Studiengängen oder Stipendienprogrammen abgesehen, ist ein Motivationsschreiben im eigentlichen Sinne nur selten erforderlich. Es kann Ihre Bewerbung aber durchaus aufwerten und überzeugender machen. Wichtig ist, dass Sie diese dritte Seite nicht einfach nur mit Wiederholungen füllen, um die Mappe umfangreicher zu gestalten, sondern wenn Sie sie einen wirklichen Mehrwert und neue Eindrücke von Ihnen vermittelt.
 
Ein Motivationsschreiben kann z.B. dann eine gute Ergänzung Ihrer Bewerbung sein, wenn Sie eine starke persönliche Bindung zum Unternehmen oder bestimmten Themen haben. Dieser persönliche Bezug kann schnell den Rahmen eines Anschreibens sprengen. Eine DIN-A4 Seite ist nicht viel Platz und daher kann es durchaus eine gute Idee sein, einen Teil der Motivation in eine zusätzliche Seite zu integrieren, die als Ergänzung Ihrer Bewerbung gilt, wie auch Ihr Anhang oder Arbeitsproben.
 
Diese dritte Seite kann ganz unterschiedlich aussehen und hier können Sie deutlich freier und kreativer in der Gestaltung sein.

Beispiele für Titel und Inhalte einer dritten Seite:

  • Was Sie noch über mich wissen sollten…
  • Was mich persönlich besonders auszeichnet…
  • Warum ich unbedingt bei Ihnen durchstarten will…
  • Warum Sie mich einstellen sollten…
  • Erfahrungen, die mich besonders geprägt haben…
  • Meine größten Stärken / Erfolge / Interessen

Sie sehen hier schon, dass diese Seite in vielen Fällen wirklich nicht notwendig ist, weil diese Fragen im Grunde auch im Anschreiben beantwortet werden können. Ich rate daher dazu, wirklich gut abzuwägen, ob Sie diese dritte Seite wirklich brauchen oder ob Sie es nur als „viel hilft viel“-Strategie nutzen möchten. Mehr Umfang ohne ein Mehr an Inhalt macht nämlich keinen guten Eindruck.

Weitere Möglichkeiten für eine dritte Seite – Fachprofil, Fortbildungen oder Projekterfahrung

Sehr viel mehr kann man ggf. mit einem zusätzlichen Fachprofil herausholen, z.B. für technische Berufe. Ein erfahrener IT-Consultant wird z.B. mit dem üblichen Block für IT-Kenntnisse im Lebenslauf nicht den ausreichenden Platz finden, um sich ausreichend zu präsentieren.
 
Für solche Fälle nutze ich gerne fachliche Profile als Anhang zum Lebenslauf. Dort können verschiedene Programmiersprachen, Datenbanken, Visualisierungstools, Projektmanagement, Systemumgebungen u.v.m. genauer angegeben und mit einem Kompetenz-Level versehen werden. Im normalen Lebenslauf nimmt eine solche Übersicht meist viel zu viel Raum ein. Mit einer solchen dritten Seite kann man den Lebenslauf entlasten und etwas übersichtlicher machen.
 
Gleiches gilt für Bewerber mit vielen aktuellen Fortbildungen, die schnell 1-2 Seiten im Lebenslauf einnehmen, wenn sie alle aufgeschlüsselt werden. Häufig ist hier eine Kürzung eine gute Idee. Es gibt aber auch Fälle, in denen eine Auslagerung in einen Anhang die bessere Idee ist, weil die Fortbildungen sehr wichtig sind. Den einen richtigen Weg gibt es auch hier leider – wie so oft – nicht.
 
Umfangreiche Projekterfahrung ist beispielsweise ein häufiger Sonderfall, den ich immer wieder auf dem Tisch habe. Diese Details man im regulären Lebenslauf nicht ausreichend abbilden, ohne den Rahmen zu sprengen. Beratung, Training, Bauleitungen, Interims-Management, Messen und Events oder verschiedene selbstständige Tätigkeiten sind nur einige Arbeitsfelder, in denen die Aufgaben und Verantwortungsbereiche von Projekt zu Projekt sehr unterschiedlich ausfallen können.
 
Auch in solchen Fällen halte ich die Details im Lebenslauf gerne etwas kürzer und präsentiere ausgewählte und spannende Projekte in einem Anhang als dritte Seite etwas genauer und aussagekräftiger. So bleibt der Lebenslauf übersichtlich, aber Ihr Gegenüber hat die Möglichkeit, sich ein genaues Bild Ihrer Tätigkeiten und Projekterfahrung zu machen.

Jede Bewerbung und jeder Werdegang ist individuell und wir finden sicher auch für Sie gemeinsam die richtige Strategie, um das Beste aus Ihrem Profil herauszuholen.